Anlässlich des 50-jährigen Bestehens im Jahr 1998 haben wir uns auf Spurensuche begeben:

Die Chronik des Pfälzischen Schachbundes (PSB, gegründet 1921) erwähnt zum ersten Mal ein Schachleben in Limburgerhof im Arbeiterschach-Kalender 1929. Dort lautet der Eintrag:

"Limburgerhof b. Mutterstadt (Pfalz). Vors. Heinr. Schwöbel. - Do. Rest. Franz Schmitt, am Hauptbhf."

Danach verliert sich die Spur.

Im Jahr 1948 überliefert die Chronik des PSB, daß in der Region, u.a. in Limburgerhof, Schachvereine im Entstehen seien. Mit der Wiedergründung des Pfälzischen Schachbundes wurde am 26.9.1948 eine neue Satzung verabschiedet. Der Verband bezeichnete sich als "völlig unpolitisch" und konnte sich als Landesverband anderen Schachverbänden der französischen Besatzungszone anschließen. Die Genehmigungsurkunde der Polizeidirektion Ludwigshafen stellte Bedingungen für die Zulassung. Es war mitzuteilen, wann und wo Übungsstunden der Vereine stattfinden (viermal in Deutsch, dreimal in Französisch einzureichen), Vorlage eines Arbeitsplanes, Führung einer jederzeit greifbaren Mitgliederliste mit besonderer Angabe, wer von den Mitgliedern der NSDAP angehört hatten.

In dieses Umfeld der Nachkriegszeit fällt die Gründung unseres Vereins. Bereits in den Jahren 1946/47 trafen sich - zunächst in privaten Zusammenkünften - Anhänger des königlichen Spiels im Nebenzimmer der Gaststätte Schorr, von den heutigen Mitgliedern namentlich die Herren Fritz (*1908), Kühner (*1916) und Netzsch (*1930). Manches Brikett mußte von zu Hause mitgebracht und "geopfert" werden, wenn man am Spielabend in der kalten Jahreszeit nicht frieren wollte.

Wer uns Schachspieler kennt, weiß, wie zäh oft um den Sieg gerungen wird. Eine Revanche folgt der nächsten, und so wurde es oft spät, sehr spät. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wären da nicht die französischen Patrouillen gewesen, die sorgsam auf die Einhaltung der Ausgangssperre achteten. Doch wer die rechten Schleichwege kannte, konnte ihnen entgehen.

Am 1.12.48 wurde von der Militärregierung auf entsprechenden Antrag eine Erlaubnis zur Gründung eines Schachvereins in Limburgerhof erteilt.

Am 17. Dezember 1948 wurde der Verein von 19 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben. Fritz Weber hielt die Gründungsansprache und hob hervor: "Das Kind ist geboren! Laßt es uns hegen und pflegen, daß es gedeihe!" Dieser Ausspruch sollte Mahnung und Verpflichtung zugleich sein. Als es darum ging, dem "Kind" einen Namen zu geben, war es Dr. Martin Kastendieck, der darauf bestand, es müsse "Schachfreunde" heißen. Dr. Kastendieck wurde als Vorsitzender gewählt und übte das Amt bis 1956 aus. Von den damaligen Gründungsmitgliedern sind heute noch im Verein Hermann Fritz (*1908, immer noch aktiv) und Peter Kühner (*1916).

Auszug aus dem Gründungsprotokoll vom 17. Dez. 1948

SF GM48

Die endgültige Genehmigung durch die Militärregierung erfolgte am 12.7.1949. Im Jahr 1950 wurde die Aufnahme in den Pfälzischen Schachbund beantragt. Im Jahr 1952 wird Limburgerhof in der Chronik des PSB in einer Einsatzliste der Mannschaftskämpfe wieder erwähnt.

Auch Blitzschach wurde gespielt. Hermann Fritz baute dazu eigens eine Doppelgonguhr, die mit jedem Gongschlag den nächsten Zug für Weiss bzw. Schwarz ankündigte. Die Uhr ist heute noch erhalten und funktionsfähig!

SF GONG

Am 2.4.49 hielten die Schachfreunde ein Simultanspiel mit dem bekannten deutsch-russischen Großmeister Bogoljubow ab, der zweimal gegen den damaligen Welteister Aljechin angetreten war. An 23 Brettern war Bogoljubow souveräner Sieger. Zwei Remis gab er ab (Peter Kühner, Wolfgang Netzsch) und zwei Niederlagen mußte er hinnehmen - gegen Hermann Fritz und Hans Ebinger. Der Meister zum jungen Netzsch: "Oh, die jungen Leute spielen sehr gut. Warum haben Sie remis gespielt? Sie hätten gewonnen!" Die bescheidene Antwort: "Besser ein remis, als eine Niederlage."

Hart und ernst wurde gekämpft. Eine "wilde" Partie war erst nachts um 2.30 zu Ende. Als der Sieger "Gute Nacht" wünschte, hielt der Kontrahent entgegen: "Ja, Sie können schlafen. Sie haben gewonnen. Ich nicht!" - Im Vertrauen: auch der Sieger schlief nicht.

Und mit allen Tricks wurde gekämpft. Aus einem Protestbrief früherer Jahre geht folgendes Kuriosum hervor: Im Kampf gegen Haßloch waren zwei Hängepartien entstanden. Wesen der Hängepartie ist, daß die Seite, die am Zuge ist, diesen verdeckt in einem Kuvert abgibt, um zu einem späteren Termin die Partie fortzusetzen. Auf die eine Partie verzichtete Haßloch, da nichts mehr zu holen war. Über die zweite unterhielten sich die Kontrahenten. "Hierbei erklärte Herr F., Limburgerhof, die Partie sei für Haßloch unrettbar verloren, da der abgegebene Zug Bg6xf7 wäre." Daraufhin verzichtete Haßloch. Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, "daß der abgegebene Zug ein ganz anderer war und so das Spiel für Haßloch noch vollkommen offen gewesen wäre."

Zuerst war der junge Verein im Lokal Weichlein "Zur geschlossenen Schranke" beheimatet. Lange Zeit wurde im Feierabendhaus der BASF gespielt. Namen wie Völker, Koch, Münzenberger und Netzsch werden erwähnt. Nach langem Schachkampf wurde zur Entspannung auch Skat gespielt, vornehmlich die Jüngeren waren hier flexibel in der Freizeitgestaltung, sehr zum Verdruß der Älteren. Es kam schließlich zum Eklat, und das Häuflein der auch-Skat-Spieler zog ins Hotel Rechner um und spielte nur noch Skat.

Als die Schachspieler nicht mehr im Feierabendhaus geduldet waren - sicherlich waren die langen Spielabende hier mit ein Grund - zog man ins Hotel Rechner um. Es kam zur Reunion mit den Skatspielern und man spielte wieder gemeinsam Schach.

Weitere Heimstätten der "Schachfreunde" waren das Jugendzentrum Nord, der Pavillon des Skiclubs, die Burgunder Stube (1994-1996) und die Carl-Bosch-Schule (seit 1996).

Im Jahr 1955 stieg die Mannschaft in die damalige oberste Spielklasse, die Oberliga, auf. In der Oberliga-Mannschaft spielten: Kühner, H. Fritz, Netzsch, Boron, J. Fritz, Ebinger, Steinel, Marx. Doch der Triumph währte nicht lange. Ein Jahr später stieg die Mannschaft wieder ab.

Boron war für seine ungewöhnlichen Eröffnungen und sein unkonventionelles Spiel bekannt. Koch engagierte sich nicht nur im Schach, sondern auch in der Vorstandsarbeit. Krebs war lange Zeit Zeugwart und sehr engagiert im Verein tätig. Ebinger war nicht nur ein guter Spieler, sondern auch bei den jungen Erwachsenen beliebt und über mehrere Jahre Vorsitzender. Über Netzsch wurde berichtet, daß er gerne mit Weiß spielte und als Weißer so gut wie nie eine "Spanische Partie" verloren hat. Wolfgang Netzsch ist immer noch aktiv, im Vorstand und in der Mannschaft.

Dr. Kastendieck folgte im Vorsitz 1957 Hans Ebinger nach. 1959 gab er das Amt ab. Vorübergehend übernahmen Heinz Stahl 1960 und Wolfgang Netzsch 1961 den Posten. Hans Ebinger setzte 1962 bis 1969 das Amt fort. Ihm folgte 1970 Bruno Dreykluft.

1973 feierten die Schachfreunde ihr 25-jähriges Vereinsjubiläum. Über die Ansprache des Bürgermeisters Zier ist zu lesen: "Eine gelungene Ansprache, die so recht im Sinne der Schachspieler war - treffend zur Sache, mit Humor gewürzt und ohne langatmige Schnörkel. Amtspersonen können auch ganz anders sein."

Die 70er Jahre standen im Zeichen des Widerstreits, ob der PSB in den Sportbund aufgenommen wird. Mit der Umbenennung des PSB in den Schachbund Rheinland/Pfalz gelingt ein politischer Schachzug. Schach ist Sport!

Über die ganzen Jahre hinweg beklagten die jeweiligen Vorsitzenden unseres Vereins bei den Generalversammlungen das mangelnde Interesse der meisten Mitglieder. Wegen des Sonntagsfahrverbotes 1973 (Ölkrise) mußten Turniere verschoben werden. Fast alle Vereinsturniere wurden nicht zu Ende gespielt. 1974 wurde aus dieser Not heraus eine Spielgemeinschaft mit Mutterstadt eingegangen. Im Jahr 1977 hatte der Verein den Tiefpunkt erreicht und der Spielbetrieb ruhte für 2 Jahre.

In einem Brief an Bürgermeister Zier 1978 schreibt Bruno Dreykluft treffend: "Schach ist keine Sportart, die Arenen füllt; das Spektakel findet in aller Stille statt. Es ist deshalb mehr als für andere Sportarten notwendig, Wohlwollen und Toleranz der einheimischen Amtspersonen sicher zu wissen."

Mit erstaunlicher Geduld, großer Mühe und aufopferungsvoller Hingabe führte Bruno Dreykluft († 1987) den Verein neu zum Erfolg. 1979 zählte der Verein wieder 14 Erwachsene und 10 Jugendliche. Der Schachbezirk Ludwigshafen/Frankental ehrt sein Verdienst mit dem Bruno-Dreykluft-Turnier.

Unterstützt wurde er in der Jugendarbeit durch Dr. Gäth und Peter Kühner. 1980 errang die Jugendmannschaft die Kreismeisterschaft.

Es folgten weitere Höhen und Tiefen. Im Jahr 1985 verstirbt Dr. Gäth, ein Gönner und Förderer des Vereins. Seine Tätigkeit im Vorstand als Schatzmeister wird von seiner Frau Gabriele Gäth fortgesetzt, die ihn vorher schon in dieser Tätigkeit unterstützt hatte. Bis zu ihrem Tod im Dezember 1997 führt sie die Arbeit ihres Mannes fort.

In den Jahren 1986 bis 1994 übernimmt Rainer Hoffmann die Vereinsführung. "Mangels Masse" bekleidet er mehrere Vorstandsämter gleichzeitig. Es gelingt, eine spielstarke Jugendgruppe aufzubauen, diese verbleibt jedoch nicht in Limburgerhof, sondern wandert in Nachbarvereine ab, die höhere Spielklassen anzubieten haben.

Während eines Auslandsaufenthaltes von Rainer Hoffmann übernimmt Christian Plitzko - hervorgegangen aus der Schachjugend - die Vereinsgeschäfte. Das Jahr 1994 ist durch eine neue Aufbauphase gekennzeichnet. Aus der Abgeschiedenheit des Jugendzentrums zieht der Verein in die Burgunder Stube um. Dies bringt einen spontanen Zuwachs an neuen Mitgliedern.

1995 wird um Herbert Lickteig wieder ein Jugendkurs ins Leben gerufen. Die Mannschaftskämpfe müssen immer noch unter unzulänglichen Verhältnissen (die Bretter passen nicht auf die Tische!) im Pavillon des Skiclubs ausgetragen werden.

1996 wechselt mit Dr. Edgar Ohst der Vorsitz erneut. Die Burgunder Stube muß nach Wechsel des Pächters aufgegeben werden. Mit dem ehemaligen Lehrerzimmer der Carl-Bosch-Schule (CBS) stellt die Gemeinde den Schachfreunden ein Domizil zur Verfügung, das für die Jugendarbeit prädestiniert ist und auch für die Mannschaftskämpfe genügend groß ist. Nach kurzer Zeit steht wieder ein Umzug an, der dauerhaft ist: Der Raum unter der Turnhalle (ehemaliger "Tonraum" der CBS, da dort Ton geformt und gebrannt wurde).

SFL Logo 180x180

Im Hinblick auf das bevorstehende Vereinsjubiläums intensivierte der Verein die Öffentlichkeits- und Jegendarbeit. In dieser Zeit entstand auch das Vereinslogo, kombiniert aus Elementen und Farben des Limburgerhofer Wappens. Im Jahre 1996 erfolgt die Eintragung als e.V. in das Vereinsregister. Der Verein tritt der Kultur- und Sportgemeinde (KSG) bei und beteiligt sich am Gemeinde- und Bürgerfest. Das Rehbachturnier wrd als offenes Turnier ins Leben gerufen. Trotz  weiterer Bemühungen wie Kooperation mit der Gemeindebücherei, Pressearbeit (Frau Dr. Recknagel veröffentlicht als Pressewart regelmäßig Berichte im Amtsblatt), eines VHS-Angebot für Einsteiger, Präsenz im Internet (seit 1997) - wächst zwar der Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit, ein erhoffter Zuwachs an erwachsenen Mitgliedern bleibt aber aus und die Vision des Vorsitzenden Edgar Ohst, den Verein zur Blüte zu führen ("50 Mitglieder zum 50-jährigen Jubiläum") geht nicht in Erfüllung.

Aber umso erfolgreicher ist derVerein bei der Jugendarbeit.  Mehrere Mitglieder widmen sich regelmäßig dem Jugendtraining. Die Jugendarbeit wird in 3 Kursen wahrgenommen, um der Differenzierung und Anzahl Jugendlicher gerecht zu werden. Jörg Henschke, Christian Plitzko, Dr. Edgar Ohst und Dr. Jürgen Wortmann bringen als Trainerteam ein Höchstmaß an Ehrgeiz, Freizeit und Engagement für den Schachnachwuchs auf. Mit dem Schuljahr 1997/98 wurde in der Carl-Bosch-Grundschule eine Schach-AG mit 30 Teilnehmern ins Leben gerufen, die von Dominik Bartl und Christian Plitzko betreut wurde.

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Beim Bürgerfest treten Kinder und Jugendliche gegen den Gemeinderat an - und gewinnen.

Und dann war das grosse Ereignis da: 50 Jahre Schachfreunde Limburgerhof.

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Im Erinnerungfoto sind zu sehen: Alfred Stilgenbauer (PSB, links im Bild) und Edgar Ohst (rechts außen) ehren die Gründungsmitglieder Hermann Fritz und Wolfgang Netzsch.

Zur Jubiläumsveranstaltung tritt Großmeister Dr. Helmut Pfleger gegen Bürger und Schachfreunde an; den Kontakt hatte Frau Dr. Utta Recknagel auf dem Ärzteturnier in Baden-Baden vermittelt. Es war eine rundum gelungene Veranstaltung. Der Gast demonstriert das "Magnetmatt", einer der schönsten Kombinationen aller Zeiten, gespielt 1911 zwischen dem deutschen Großmeister Eduard Lasker gegen Sir George Thomas. Anschließend trat er simultan an 30 Brettern an.

Eine Widmung erinnert an den Jubiläumstag. Mit den Mauern von Jericho bezieht er sich auf ein Lied, das der Chor "No LImits" beim Jubiläum sangen.

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1998 zählte der Verein rund 40 Mitglieder, davon etwa die Hälfte Jugendliche und war in der Bezirks- und Kreisklasse mit je einer Mannschaft vertreten. Die Nachwuchsförderung bleibt für die Zukunft eine wichtig Zielsetzung.